Temu, der chinesische Online-Marktplatz mit aggressiven Preisen und noch aggressiverem Marketing, steht seit dieser Woche offiziell im Visier der EU-Kommission. Der Vorwurf: Verstöße gegen den Digital Services Act (DSA) – insbesondere bei Datentransparenz, algorithmischer Steuerung und personalisierter Werbung.

Was bedeutet das für Unternehmen, die auf Temu werben oder ähnliche Plattformen nutzen? Und wie verändert sich die Beziehung zwischen Marketing und Datenschutz, wenn Plattformen selbst zum Risiko werden?

Der Fall Temu: Was ist passiert?

Die EU-Kommission hat Temu am 26. August 2025 formell darüber informiert, dass gegen zentrale DSA-Vorgaben verstoßen wurde. Konkret geht es um:

  • Unzureichende Risikobewertung bei der Verbreitung illegaler Produkte
  • Intransparente Empfehlungssysteme, die Nutzer:innen manipulativ beeinflussen
  • Fehlende Offenlegungspflichten bei personalisierter Werbung
  • Mangelhafte Mechanismen zur Einwilligung und Kontrolle

Temu hat nun bis Ende September Zeit, auf die Vorwürfe zu reagieren – andernfalls drohen hohe Geldstrafen und Einschränkungen im EU-Markt.

Marketing auf Plattformen: Zwischen Reichweite und Reputationsrisiko

Für Unternehmen, die auf Temu oder ähnlichen Plattformen werben, stellt sich eine unangenehme Frage: Wie viel Kontrolle habe ich über die Datenschutzpraktiken meiner Vertriebskanäle?

Denn, während die Plattformen mit hyperpersonalisierten Angeboten und algorithmischer Verkaufsoptimierung locken, bleibt oft unklar:

  • Wie werden Nutzerdaten erhoben und verarbeitet?
  • Welche Einwilligungen liegen tatsächlich vor?
  • Wie transparent sind die Werbealgorithmen?

Gerade in Zeiten von DSGVO, DSA und wachsender digitaler Souveränität wird Datenschutz zur Markenfrage. Wer auf Plattformen wirbt, muss sich auch deren Ethik gefallen lassen.

Datenschutz als Differenzierungsmerkmal

Die Temu-Krise zeigt: Unternehmen, die auf ethisches Datenhandling setzen, können sich klar positionieren. Mögliche Strategien:

  • Plattform-Audits: Regelmäßige Prüfung der Datenschutzpraktiken von Vertriebspartnern
  • Consent-first Marketing: Fokus auf freiwillige, transparente Datennutzung
  • Privacy Branding: Kommunikation von Datenschutz als Teil der Markenidentität

Denn in einer Welt, in der Datenmacht zunehmend kritisch hinterfragt wird, kann Vertrauen zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden.

Fazit

Temu ist kein Einzelfall – sondern ein Symptom für eine Plattformökonomie, die lange auf Wachstum statt Verantwortung gesetzt hat. Für Marketer bedeutet das: Datenschutz ist nicht nur Compliance, sondern Strategie.

Wer heute wirbt, muss morgen erklären können, woher die Daten kamen – und warum sie verwendet wurden.

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