Markus Söder fordert die Rücknahme des EU-Verbrenner-Aus ab 2035. Ein Satz, der aufhorchen lässt – nicht wegen seines Inhalts, sondern wegen seiner Zielgruppe. Denn wer genau soll sich davon angesprochen fühlen? Die Ingenieure, die längst an E-Antrieben feilen? Die Verbraucher, die sich zunehmend für Elektroautos entscheiden? Oder doch nur die Schlagzeile?
Technologieoffenheit – ein politisches Placebo?
Das EU-Ziel ist klar: Ab 2035 dürfen nur noch Neuwagen zugelassen werden, die keine CO₂-Emissionen ausstoßen. Das ist kein pauschales Verbrenner-Verbot, sondern ein Emissionsverbot. Wer also mit E-Fuels oder Wasserstoff CO₂-neutral fährt, darf weiterhin zulassen. Technologieoffenheit? Die ist längst eingebaut – nur eben unter der Bedingung, dass sie dem Klima hilft.
Die Effizienzfrage: Was taugt wirklich?
Die Diskussion um Alternativen ist legitim – aber sie muss ehrlich geführt werden. Hier die Fakten:
Antriebsart | Energiequelle | Gesamtwirkungsgrad „Well-to-Whell“ | Bemerkung |
Batterie-Elektroauto (BEV) | Strom aus erneuerbaren Energien | ~70–90 % | Höchste Effizienz, direkte Nutzung von Strom |
Wasserstoff-Brennstoffzelle (FCEV) | Strom → Elektrolyse → H₂ → Brennstoffzelle | ~25–35 % | Hoher Energieverlust bei Umwandlung und Speicherung |
E-Fuels (synthetische Kraftstoffe) | Strom → Elektrolyse → Synthese → Verbrennung | ~10–15 % | Sehr energieintensiv, aber kompatibel mit bestehender Infrastruktur |
Quellen: VDI-Ökobilanzstudie, Kopernikus-Projektvergleich, ADAC-Klimabilanz
Wer also behauptet, E-Fuels seien die Zukunft des Alltagsverkehrs, ignoriert die Physik – oder hofft, dass niemand nachrechnet.
Die Industrie liefert – und zwar schneller als gedacht
Die Argumente gegen Elektromobilität – Reichweite, Ladezeit, Rohstoffbedarf – verlieren zunehmend an Gewicht. Warum? Weil die Industrie liefert:
- Feststoffbatterien gelten als Schlüsseltechnologie: höhere Energiedichte, kürzere Ladezeiten, mehr Sicherheit.
- Hersteller wie Toyota, BMW und QuantumScape planen Serienreife ab 2027–2028.
- Reichweiten von über 800 km und Ladezeiten unter 10 Minuten sind keine Science-Fiction mehr.
- Gleichzeitig sinken die Kosten pro kWh – und damit der Preis für E-Autos.
- Die Elektromobilität ist kein Kompromiss mehr. Sie wird zur besseren Alternative.
Der Blick über den Tellerrand
Während Deutschland über Rücknahmen diskutiert, bauen andere längst vor:
- USA: Kalifornien treibt E-Mobilität voran, auch wenn landesweit Skepsis bleibt.
- Südkorea: Klare Ziele, massive Investitionen – 4,2 Mio. E-Autos bis 2030.
- Japan: Fokus auf Hybride und Wasserstoff, aber langsamer BEV-Hochlauf.
- China: Führend bei E-Auto-Produktion, baut Werke in der EU – z. B. BYD in Ungarn.
Die Welt wartet nicht auf deutsche Debatten. Sie handelt.
Fazit: Rücknahme wovon?
Söders Forderung ist keine technische Korrektur, sondern ein politisches Manöver. Sie suggeriert, es gäbe eine Alternative zur Transformation – dabei ist die längst im Gange. Wer heute gegen das Verbrenner-Aus polemisiert, spricht nicht für die Zukunft, sondern gegen die Realität.
Für wen war das also gedacht? Für die Ingenieure? Nein. Für die Verbraucher? Kaum. Für die Schlagzeile? Ganz sicher.
Was bleibt?
Die Frage ist nicht, ob wir den Wandel wollen – sondern wie ehrlich wir ihn gestalten. Wer Technologieoffenheit fordert, muss auch Effizienz und Klimaziele offenlegen. Alles andere ist Rhetorik ohne Rückhalt.
Comments are closed