Cancel-Culture ist Mist – instrumentalisiert wird sie aber zur Waffe

Heute erreicht uns eine vollkommen „überraschende“ Nachricht. Einer der erfolgreichsten Late-Night-Talker Amerikas wird von Sender ABC für unbestimmte Zeit aus dem Programm genommen – man könnte auch sagen „gecancelt“. Die Aktion steht im direkten Zusammenhang mit einer Sendung, in der sich Kimmel kritisch mit dem Umgang der Trump-Administration und der MAGA-Bewegung mit dem Tod des Aktivisten Charlie Kirk auseinandersetzt. Wohlgemerkt, er hat sich nicht über das Attentat lustig gemacht oder es in irgendeiner Weise relativiert, nein – er hat sich lediglich über den Umgang von Donald Trump und seiner Leute mit dem Thema satirisch geäußert.

Hier das Video dazu, überzeugen Sie sich selbst:

Warum ist die Meldung so „überraschend“? Weil die USA doch das Land ist, in dem die Meinungsfreiheit einen ganz hohen Stellenwert genießt. Haben nicht gerade die Trump-Leute immer nach Meinungsfreiheit geschrien und Cancel-Culture scharf verurteilt?

Wo bleibt jetzt die Empörungswelle oder die Zurechtweisung des Chefs der US-Medienaufsichtsbehörde FCC, Brendan Carr durch den Meinungsfreiheitspräsidenten Donald Trump? Ach nein – Brendan Carr gehört ja zu den Trump-Leuten und wurde absichtlich auf diesem strategisch wichtigen Posten installiert.

Die Hortman-Morde und das große Schweigen

Schauen wir uns einmal einen anderen Fall an. Im Juni 2025 wurde die demokratische Abgeordnete Melissa Hortman und ihr Mann Marc in ihrem Wohnhaus in Minnesota erschossen. Die Behörden gingen von einem politischen Motiv aus. Bei dem Täter fand man eine Todesliste mit 70 Namen von weiteren demokratischen Politikern und Aktivisten.

Der Fox-News Moderator Jesse Watters sagte daraufhin in einer Sendung zum Mord an Hortmann: „Wenn man sich mit radikalen Ideen umgibt, zieht man radikale Reaktionen an.“ In meinen Augen eine klare Schuldumkehr, indem man das Opfer zum Mitverursacher macht.

Es ist schwer, dieses Zitat zu finden und Videos gibt es auf YouTube gar nicht – ich habe sogar die KIs darauf angesetzt, dennoch findet man kaum etwas. Die Unsichtbarkeit dieser Aussage ist Teil des Problems – Schweigen ist auch Rhetorik. Für Jesse Watters gab es jedenfalls keine Konsequenzen. Er macht heute immer noch weiter seine Sendungen auf Fox News.

Cancel Culture als Waffe – nicht als Prinzip

Den Satz hätte man bei Charlie Kirk auch anbringen können, aber jeder der sich nur in die verbale Nähe einer solchen Äußerung begibt, wird gnadenlos weggecancelt – siehe auch Dunja Hayali, die zwar keine Konsequenzen vom Sender oder von der Politik erfuhr, die aber in der Öffentlichkeit so massiv angegangen wurde, dass sie sich erst einmal eine mediale Auszeit verordnet hat.

Also halten wir folgendes fest: Vergleich: Watters vs. Kimmel – Zwei Maßstäbe?

Fazit:

Cancel Culture ist ein Problem – besonders dann, wenn sie die Meinungsfreiheit torpediert. Wird sie als Waffe im Kampf gegen bestimmte Meinungen eingesetzt, dann wird sie gefährlich. Meinungsfreiheit kann nur dann gelingen, wenn für jede Meinung die gleichen Maßstäbe angesetzt werden. Der Fall Jimmy Kimmel in Verbindung mit dem Fall Jesse Watters zeigt, dass wir es derzeit mit einer massiven Instrumentalisierung der Cancel-Culture zu tun haben – und zwar ausgerechnet von der Seite, die Cancel-Culture immer massiv kritisierte. Wenn wir Meinungsfreiheit ernst nehmen, müssen wir sie auch dann verteidigen, wenn uns die Meinung nicht gefällt.

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