Seit rund einer Woche ist die neue Webserie der Deutschen Bahn „Boah, Bahn“ online – und sie sorgt für Gesprächsstoff. In kurzen, etwa zweiminütigen Episoden, die in der Social-Media-Welt als „Shorts“ bezeichnet werden, erzählt ein professionelles Schauspielensemble rund um Anke Engelke humorvolle Geschichten aus dem Alltag einer ICE-Crew. Die Serie läuft zeitgleich auf YouTube, Instagram und TikTok.

Regie führt Arne Feldhusen, bekannt durch Erfolgsformate wie „Stromberg“ und „Tatortreiniger“. Seine Handschrift – pointierter Humor und ein liebevoller Blick auf die Arbeitswelt – prägt auch diese Kampagne.

Zwischen Lob und Kritik

Wie zu erwarten, fällt die Resonanz gemischt aus. Viele loben die Bahn für ihren Mut zur Selbstironie und die kreative Umsetzung. Andere wiederum sehen in der Kampagne ein „geschmackliches Ablenkungsmanöver“, das die realen Probleme – Verspätungen, überfüllte Züge, mangelhafte Infrastruktur – nicht löst.

Doch ist es überhaupt Aufgabe einer Social-Media-Kampagne, Probleme zu lösen? Oder geht es vielmehr darum, Themen zu setzen?

Storytelling statt Schönfärberei

Themen setzen bedeutet nicht zwangsläufig: „Wir sind die Besten“ oder „Wir haben keine Probleme“. Es kann auch heißen: „Wir haben verstanden, was nicht läuft“ oder „Wir wollen etwas verändern“. Genau hier setzt die Bahn mit ihrer Kampagne an – und nutzt das Instrument des Storytellings konsequent.

Die Serie erzählt keine glatte Werbegeschichte, sondern eine ehrliche, manchmal auch absurde Realität. Sie zeigt, dass die Bahn ihre Herausforderungen kennt und dass sie ihr Personal wertschätzt – jene Menschen, die täglich versuchen, das Beste aus schwierigen Bedingungen zu machen.

Persönliche Perspektive eines Bahnkunden

Ich möchte offen sagen: Ich bin regelmäßiger Bahnkunde auf der Langstrecke. Trotz aller Probleme erkenne ich die Vorteile – und nutze sie bewusst. Natürlich war die Bahn vor 20 Jahren in mancher Hinsicht besser. Aber man darf nicht vergessen, dass die Bundesverkehrspolitik über viele Legislaturperioden hinweg den Fokus konsequent auf die Straße gelegt hat.

Was ich aus der Kampagne mitnehme:

  • Die Bahn hat Probleme – und sie spricht sie an.
  • Die ICE-Crews sind nicht verantwortlich für strukturelle Mängel, sondern oft die letzten, die versuchen, sie abzufedern.
  • Freundliches Personal ist keine Ausnahme, sondern die Regel.
  • Und das mit dem schlechten Englisch? Das stimmt schon lange nicht mehr.

Fazit: Ein kommunikativer Volltreffer

Aus kommunikativer Sicht ist „Boah Bahn“ ein Musterbeispiel dafür, wie man Social Media gewinnbringend einsetzen kann. Die Kampagne erzählt eine wahre Geschichte, setzt relevante Themen und schafft Nähe zur Kundschaft.

Man stelle sich vor, wie mächtig eine solche Kampagne wäre, wenn das Produkt bereits makellos wäre. Mit der richtigen Story kann sie dann zum echten Champion werden.

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